Als Pfarrer Schattenmann vor 30 Jahren die Tür zum Pfarrhaus für den Gast von den Philippinen mit einem "Willkommen" weit öffnete, begann eine Geschichte, die für viele Menschen im fernen Inselstaat und auch hier bei uns in Würzburg Leben und Denken verändern sollte. Pfarrer Reverend Levy Jabines berichtete im Sonntagsgottesdienst von seinem Leben und Wirken in seiner Missionsgemeinde, von den Gefahren durch Naturkatastrophen und räuberische Banden, von Armut, Krankheit und Dankbarkeit der kleinen lutherischen Gemeinde, die er 50 Kilometer von Manila entfernt in den Bergen, in der Nähe des aktiven Vulkans Taal wenige Jahre vorher gegründet hatte.
Die Wahrnehmung unserer Gemeinde hat sich seitdem verändert: Wir wurden Teil der wachsenden Missionsgemeinde, die nun den Namen St. Thomas erhielt, und stellten staunend fest, wie wichtig wir Würzburger für die Menschen dort wurden. Wir durften den Erwerb eines eigenen Grundstücks und den Bau der Kirche mit Pfarrhaus nicht nur finanziell unterstützen, sondern bekamen durch Briefe und Bilder auch einen Eindruck vom Leben der Menschen dort. 1995 reiste Dr. Wolfgang Kümper aus unserer Gemeinde erstmals dorthin und wurde liebevoll empfangen, gab ärztlichen Rat und Beistand und initiierte gemeinsam mit Levy Jabines weitere Hilfen: Durch Pakete prall gefüllt mit Antibiotika und lebenswichtigen Essenzen sowie Verbandsstoffen und Geräten wurden Erste-Hilfe-Stationen aufgebaut; außerdem wurde ein Brunnen auf dem Kirchengrundstück gebohrt. Nähmaschinen halfen dem Frauen- und Mütterkreis, eine eigene, wenn auch bescheidene Verdienstmöglichkeit zu erschließen, durch Patenschaften wurden Boote für die Fischerei und Fahrräder zum Personentransport angeschafft, sodass wir nachhaltig für einen Zuverdienst der Menschen sorgten. Schließlich wurde eine große Werkstatt – ebenfalls durch Spenden unserer Gemeinde – errichtet, die immer noch mit sehr viel Gewinn arbeitet.
So ist durch unsere Hilfe dort ein kleines Netzwerk entstanden, das die Menschen im Laufe der Jahre zunehmend von uns finanziell unabhängiger macht. Inzwischen sind von St. Thomas aus weitere kleinere Missionsaußenstationen entstanden. Auf seinen zahlreichen Besuchen hat Dr. Kümper auch in den Folgejahren immer wieder persönliche Kontakte zu weiteren Gemeindemitgliedern und zu Pfarrer Rady Pellobello geknüpft, der seit Levys Tod die Gemeinden weiter betreut und den Kontakt zu uns aufrecht erhält. Wir konnten auch erreichen, dass die Menschen in der Region unserer Partnergemeinde von einheimischen Krankenschwestern, Hebammen und Ärzten betreut werden und Zugang zu einem Krankenhaus in der nahe gelegenen Kreisstadt haben.
Nachdem früher Briefe sechs Wochen und Pakete ein Vierteljahr unterwegs waren, können wir inzwischen durch die moderne Kommunikation des Internets viel häufiger einander schreiben und Bilder austauschen. In den ersten Jahren der Partnerschaft haben wir hier in unseren Gemeinderäumen immer wieder philippinische Gäste begrüßt, es fanden gemeinsame Essen und Tanzabende statt, die uns viel von der faszinierenden Kultur des Landes erleben ließen. Unser Weltladen, der alle vier Wochen nach dem Gottesdienst in der Thomaskirche seine Tische aufschlägt, erwirtschaftet immer Gewinn, den wir an unsere Partnergemeinde überweisen. Auch wenn die finanziellen Zuwendungen in den letzten Jahren rückläufig sind und die Gemeinde nach eigenen Angaben zunehmend "saturiert" ist, bleibt die einmal geknüpfte Partnerschaft für beide Seiten wichtig: Wir lernen hier, wie Menschen unter einfachen Lebensumständen und weiterhin bestehenden Bedrohungen durch diktatorische Ausbeutung und Naturkatastrophen dankbar und glücklich sind; für die Menschen dort sind wir wichtig, wenn wir für sie beten, Anteil nehmen und in Krisensituationen "einfach da" sind. Die Philippinos sind stolze Menschen, die zwar Hilfe annehmen, aber sich nicht gerne abhängig machen möchten, sondern ihr Leben selbst in die Hand nehmen und aktiv gestalten und uns immer wieder beweisen, dass es trotz mancher Schwierigkeit gelingt. So besteht inzwischen eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die für beide Seiten ein Gewinn ist. Die Philippinos betonen immer wieder, dass wir "einander Schwestern und Brüder in Christus sind".