"Macht hoch die Tür", so beginnt ein bekanntes Adventslied. Advent heißt: Die Türen hoch und die Tore weit machen, damit Jesus zu uns kommen kann.
Advent heißt: Türen werden geöffnet. So wie beim Adventskalender. Jeden Tag ein Türchen mehr. Als Kind fand ich es spannend, was sich dahinter verbirgt. Und manchmal habe ich ganz heimlich schon früher in ein späteres Türchen hineingespäht, obwohl ich wusste, dass das verboten war. Aber da habe ich begriffen, dass Advent und Weihnachten etwas mit Geheimnissen zu tun hat. Hinter der Fassade tut sich etwas Neues, ganz anderes auf. Um Weihnachten zu begreifen, muss man hinter die Oberfläche schauen. Weihnachten heißt, dass sich etwas ganz Neues auftut, das unsere Welt verändert. Wie ein Licht, das durch eine offene Tür in unser dunkles Haus scheint. Und Advent heißt, dass sich die Tür schon einen Spalt weit öffnet.
Doch die Tür von Weihnachten können wir nicht selbst öffnen. Sie kann nur von außen, von Gott geöffnet werden. Darum ist die Adventszeit Wartezeit. Warten nicht auf den Schnee zu Weihnachten oder den Tannenbaum. All unser Brauchtum kann doch bestenfalls ein Hinweis sein auf das, worauf wir wirklich warten: dass Gott in unsere Welt kommt, dass Gott in unser Leben kommt, dass Gott uns berührt mit seiner Liebe.
Das ist nicht an einen bestimmten Tag im Jahr gebunden, es kann jeden Tag geschehen. Doch in der Adventszeit schreiben wir die Erwartung ganz groß: Wir leben noch nicht im Licht, aber es scheint schon durch den Türspalt hindurch. Die Tür steht schon einen Spalt weit offen. Und das heißt: Wir können hoffen und wir können schon etwas spüren von der Liebe Gottes.
Und im Licht solcher Liebe müssen wir die Wartezeit nicht unnütz verstreichen lassen. Wir können uns schon anstecken lassen von dieser Liebe Gottes. Die Geschenke zu Weihnachten sollen ja eigentlich das sein: nicht mehr und nicht weniger als ein Zeichen dafür, dass wir reich beschenkt sind und darum Liebe weitergeben können.
Ich wünsche Ihnen, dass sich in der Adventszeit für Sie viele Türen öffnen, Türen zu Freunden und Nachbarn, Türen der Versöhnung dort, wo es Streit gab, Türen zu anderen dort, wo Einsamkeit nagt, und vor allem: Türen zum Himmel, dass die Liebe Gottes auch Ihr Herz berührt und bewegt.
Ihr Pfarrer Reinhard Fischer